Stabilität, Fragilität und Antifragilität
An dieser Stelle erst einmal eine Erläuterung der Begriffe Stabilität, Fragilität und Antifragilität.
Stabilität und Fragilität sind fast selbsterklärend. Ein Felsbrocken ist stabil und kann nur über lange Zeit oder mit großer Krafteinwirkung zerstört werden. Eine Kaffeetasse dagegen ist fragil, sie muß nur runterfallen, schon ist sie kaputt.
Der Begriff der Antifragilität wurde vom Autor Nassim Nicholas Taleb[1] eingeführt. Antifragile Objekte werden zwar bei einem großen Stress, der auf sie einwirkt, zerstört, aber bei geringen Störungen passen sie sich regulativ der Belastung an. Ein Beispiel hier sind Bäume, die sich, bei stetigem Wind aus einer Richtung, intern so ausbauen, dass sie die Stellen mit besonders hohen Kräften verstärken.
Was hat dies mit einem Zahlungsmittel zu tun?
Auch ein Zahlungsmittel ist einem stetigen Stress ausgesetzt. Eine Banknote braucht Stabilität, um den Austausch zwischen Käufer und Verkäufer standzuhalten.
Bei der Fälschungssicherheit aber ist reine Stabilität nicht genug. Die Fälscher denken sich immer neue Möglichkeiten aus die Banknoten zu kopieren. Dies versucht die Zentralbank durch neue Sicherheitsmerkmale zu erschweren. Dieser stetige Wettlauf kennzeichnet die Antifragilität, die Banknote wird immer schwerer zu fälschen.
Altes Bargeld wird dabei nach und nach aus dem Kreislauf genommen und durch fälschungssichere Scheine ersetzt.
Auch ein digitales Geld braucht Stabilität, sei es z.B. dass die Daten sicher gespeichert werden oder der Zugriff auf die elektronische Geldbörse abgesichert wird. Bei Modulen, die sich später als unsicher herausstellen, z.B. der Verschlüsselungsalgorithmus, muß es möglich sein, diese nachträglich auszutauschen. Dies ist dann der antifragile Teil des digitalen Geldes.
Welche Teilbereiche des Geldes gibt es? Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit:
- das Zahlungsmittel
- die Infrastruktur des Zahlungsmittels
- die Zahlungstransaktion
Was sind Beispiele für Zahlungsmittel und mögliche Gefahren
Bargeld
- Eine Banknote kann kopiert oder gestohlen werden.
Kreditkarte
- Es könnten mit der Kreditkartennummer unberechtigte Zahlungen getätigt werden.
Girokonto
- Ein Online-Zugang eines Kunden kann gehackt werden.
Bitcoin
- Die Daten eines Bitcoin-Kontos könnten gestohlen werden.
Was sind Beispiele für die Infrastruktur eines Zahlungsmittels und mögliche Gefahren
Bargeld
- Geldautomaten könnten ausgeraubt werden.
Kreditkarte
- Kreditkartendaten beim Anbieter könnten gestohlen werden.
Girokonto
- Die Bankserver einer Bank können gehackt werden. Hacker könnten versuchen, Daten zu stehlen, zu verändern oder zu löschen.
Bitcoin
- Der Bitcoin-Algorithmus für das Mining, oder die Mining Server selbst werden angegriffen.
Was sind Beispiele für eine Zahlungstransaktion und mögliche Gefahren
Kreditkarte
- Das Internet wird gestört, so dass Kreditkartenzahlungen nicht möglich sind.
- Ein Zahlungsvorgang wird abgebrochen.
Girokonto
- Es gibt Denial-of-Service Attacken auf den Bankserver, so dass Zahlungen nicht möglich sind oder stark verzögert werden.
- Es wird eine Überweisung auf ein nicht existierendes Konto getätigt.
Bitcoin
- Der Strom fällt aus und Bitcoin Zahlungen werden verhindert.
Die Anzahl möglicher Angriffsvektoren ist groß und kaum zu überschauen. Man ist gut beraten, Experten auf diesem Gebiet, bei der Gestaltung eines neuen Zahlungssystems einzubinden.
Es muß möglich sein, das Zahlungssystem an die Angriffe anzupassen. Die Grundstruktur sollte stabil und in Teilen antifragil geplant sein. Es ist vorstellbar, z.B. alle 5 Jahre, eine neue Version des digitalen Geldes herauszubringen. Das alte Geld kann dann in einem Übergangszeitraum umgetauscht werden. Ähnlich zu einem neuen Geldschein wird damit auf digitale Geldfälscher reagiert.
Das Thema Wertstabilität wurde hier ausgeklammert, da wir uns hier mit Geld als Zahlungsmittel beschäftigen und der Werterhalt dabei kein Kernthema ist.
[1] Taleb, Nassim Nicholas. Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen. Albrecht Knaus Verlag, 2013.